Die Kyll: ein Fluss, auf dem fürs Frühjahr eine Jugendwanderfahrt geplant und den keiner von bisher gefahren ist, laut Kanuführer WW 0-I.
Die Fahrt bis Bettingen zieht sich, aber die Sonne scheint und das Umsetzen der Autos ist schnell erledigt. Wir sind 8 Erwachsene, Marika und Björn die einzigen Jugendlichen, Björn mit 6 Jahren der Jüngste., 4 Canadier und 1 Kajak.
An der Einsatzstelle fliesst die Kyll gemütlich dahin – gut zum einpaddeln, denn Heike muss ungewohnter Weise vorne links paddeln. „Kein Problem bei so einem ruhigen Fluss“, denken wir, aber eine Flussbiegung weiter zeigt die Kyll, das die Klassifizierung WW 0-I möglicherweise für eine andere Jahreszeiten gültig ist.
Büsche ragen in die starke Strömung, Bäume liegen halb oder ganz im Fluss und Andreas kentert mit seinem Kajak am zweiten Hindernis in der dritten Flussbiegung. Klaus, Carmen und Björn retten Kajak und Paddel und weiter geht’s. Allerdings werden jetzt die kritisch scheinenden Stellen vorher angeschaut, wer sich nicht traut läuft, dann fahren nur die „Könner“ durch die Stromschnellen. Chris war unser zögerliches Auftreten etwas peinlich: „Wenn uns jemand sehen könnte, jetzt fahrt doch“. Und es ging tatsächlich. Das Einsetzen und Losfahren bei starke Strömung und einer Flussbreite von gerade mal einer Kanulänge war für die Ungeübten unter uns eine Herausforderung, der wir uns tapfer gestellt und die wir immer besser gemeistert haben.
Dann kentert Andreas ein zweites Mal, wieder ein Baum. Der gleiche Baum hat vorher unseren Canadier volllaufen lassen, wir konnten gerade so das Kentern verhindern, mussten jetzt aber vollgeschlagen manövrieren, um Andreas‘ Paddel zu bergen. Während Andreas den Baum überreden konnte, ihn freizugeben, haben Klaus und Carmen lautstark geklärt, wo rechts und links ist, damit sie das Kajak bergen konnten, das Björn unterdessen tapfer festhielt.
Um die Lage zu peilen, ist Chris voraus gefahren. Nach der nächsten Kurve ist die Strömung wieder sehr stark – äste, Bäume, schnell schauen, wo’s lang geht. Wir sehen Chris im Fluss stehen, seinen Canadier davon schwimmen, ebenso die Wassersäcke. Also nichts wie hinterher. Wir versuchten, die Gepäckstücke zu bergen. Das Boot rettete sich selber, indem es sich tief unter ästen festklemmte. Ich schrie „rückwärts paddeln“, obwohl ich vorwärts meinte, nur weil wir flussaufwärts unterwegs waren und ich die Seilfähre vorwärts gerade gelernt hatte. Aber wir bekamen die Gepäckstücke trotzdem.
Ottmar hatte Chris‘ Kenterung nicht mitbekommen, sah nur das Boot im Gebüsch und meinte: „Oh, da ist wohl mal jemand gekentert“, fuhr vorbei, um in dem einzigen ruhigen Stück der Kyll mit Kerstin aus völlig unersichtlichem Grund ebenfalls zu kentern.
Derweil turnt Carmen gekonnt auf dem Geäst herum und befreit so Chris‘ Boot, das Paddel allerdings wurde nicht mehr gesehen. Zum Glück hatte Klaus ein Ersatzpaddel dabei – „(n-1)-sicher“, wie die E-Techniker zu sagen pflegen.
Ein kurzes Stück konnten wir ohne Zwischenfall paddeln, bis uns mehrere Bäume den Fluss versperrten. Also wieder alle aus den Booten raus und umtragen! Nächste Kurve, Baum aus dem Wasser ziehen, dann Seilfähre rüber auf die andere Seite, Boot drehen und unter einem Baum durch hangeln. Ich wusste vor der Kyll nicht, dass Kanus eine Bremse haben. Dank Marika haben wir alles langsam fahren können: Marika hat an dem Tag mehr rückwärts als vorwärts gepaddelt, damit wir langsam manövrieren konnten. Einfädeln in eine starke Strömung war am Ende des Tages ein Kinderspiel. Nach 6 Stunden anstelle der gemütlichen 2 – 3 Stunden erreichten wir kurz vor der Dämmerung Gerolstein. Fazit: Die Kyll ist in diesem Abschnitt nicht unbedingt geeignet für die geplante Jugend-Wanderfahrt. (Eva Spille)