Wanderfahrt auf dem Allier in Südfrankreich
Vom 16.7. – 6.8.2006 waren wir mit unserer Kanujugend wieder auf großer Wanderfahrt, um gemeinsam das „Nomadendaseins“ zu erleben. Wir sind mit unserem gesamten Lager von Ort zu Ort gezogen und haben dabei ALLES in unsere Boote verstaut. Das erforderte …… ein großes Maß an Gruppenengagement. Jeder war nicht nur für sein eigenes Gepäck zuständig, sondern musste auch noch Gepäck, Ausrüstung und Verpflegung für die Allgemeinheit unterbringen. Da konnte keiner bummeln, wenn er den Kocher im Boot hat und die anderen warten, damit mit dem kochen begonnen werden konnte. Die ganze Fahrt drehte sich ausschließlich um das Zusammenleben in der Gruppe, um die Organisation des Alltäglichen, um Grenzerfahrungen in der Natur und jugendgerechtes Erleben von Kultur. Mit dieser jugendpflegerischen Maßnahme haben wir einmal mehr die sozialen Fähigkeiten unserer Jugendlichen gestärkt. Das Kanu fahren war dabei nur Mittel zum Zweck. Und immer galt: gemeinsames einkaufen, kochen, spülen und aufräumen!
Während der Fahrt sind wir mehrfach auf die nette, soziale Gruppe angesprochen worden, dazu mein persönlicher Kommentar als Betreuer: die Gruppe war super, keiner hat sich vor Arbeit gedrückt, jeder hat geholfen, wenn’s drauf ankam, keiner hat übers Essen genörgelt und wenns mal was laut wurde, reichte meist ne kurze Ermahnung. Und das wichtigste: wir hatten alle ne Menge Spaß!
Nachfolgend die einzelnen Etappen der Fahrt (Auszüge aus unserem Tagebuch):
Sonntag, 16.7.2006: Aachen – Obermaubach
Boote, Gepäck und Ausrüstung packen am Bootshaus in Obermaubach. Nach dem Packen verabschieden wir die Eltern, die ihre Kinder zum Bootshaus gebracht haben und regeln verschiedene organisatorische Sachen für die kommenden drei Wochen, wie Gruppenregeln, Rezept- und Spielvorschläge. Wir gehen nochmal die Packlisten durch und überlegen, ob wir was vergessen haben. Spät abends starten wir Richtung Frankreich – drei Teilnehmer fahren mit dem Zug (Berit, Milan und Nils), der Rest mit drei Autos (Chris im Benz mit Hildegard, Pascal und Lukas. Patric im Bulli mit Dany, Caro, Jascha, Ili, Marie und Cassandra. Michael im Astra mit Kerstin, Thilo und Fynn)
Montag, 17.7.2006: Obermaubach – Langeac
Die Zugfahrer werden von lieben Eltern morgens um 8 Uhr zum Aachener Hauptbahnhof gebracht. Anreise zum Startpunkt der Wanderfahrt in Langeac am Allier. Zelte aufbauen und schlafen!!!!!!!! Die drei Zugfahrer werden mit dem Auto in Issoire abgeholt.
Dienstag, 18.7.2006: Lagertag in Langeac
Erkundung des Städtchens. Baden am Strand des Allier – das Schwimmbad des Campingplatzes ist für Gruppen leider verboten. Abends die erste Runde „Werwolf“ gespielt – das Spiel und der Spruch: „Tötet die Caro“ wird uns die nächsten drei Wochen begleiten, manch einen auch verfolgen. Die französische Jugendgruppe gegenüber spielt zur gleichen Zeit das gleiche Spiel, was gleich ein Grund zur Kontaktausnahme ist.
Mittwoch, 19.7.2006: Lagertag in Langeac
Probepacken der Boote – passt alles rein, was brauchen wir nicht, was kann in den Autos bleiben? Die ersten Vorräte sind aufgebraucht, also muss für die Fahrt noch eingekauft werden. Abends wollen wir grillen, aber da wir nur einen Grillrost dabei haben, der nur überm Lagerfeuer benutz werden kann, muss Patric auf dem Campingplatz bei Holländern einen Grill schnorren. In der Restglut werden Marshmallows geröstet. Die Franzosen wollen uns überreden, noch einen Tag zu bleiben, aber uns lockt der Fluß.
Donnerstag, 20.7.2006: Langeac – Vielle Brioude (36 km)
Start der Wanderfahrt von Langeac am Allier bis Fourchambault an der Loire. Die Autos werden auf dem Campingplatz bis zum Ende der Wanderfahrt geparkt. Da wir mit dem Lagerabbau und dem Packen der Boote erfahrungsgemäß beim ersten Mal viel Zeit brauchen, stehen wir früh auf. Trotzdem sind die Geschäfte schon zu, als wir nach 36 km am Campingplatz ankommen. Für den Fall haben wir aber vorgesogrt und es gibt unser vegetarisches „Notessen“ – Nudeln mit Tomatensoße. Kerstin fragt sich, ob der Grillrost jemals zum Einsatz kommen wird.
Freitag, 21.7.2006: Vielle Brioude – Brassac les Mines (20 km)
Die vermeintlichen 16 km sind tatsächlich auf Grund eines Rechenfehlers 20 km, davon 3 km durch dichtes Gestrüpp in einem alten Mühlkanal. Eine Treidelstrecke ist von Schwemmholz blockiert und muss erst mit Säge und Axt freigehauen werden – was man unseren „starken“ Jungs nicht zweimal sagen muss. Der Campingplatz in Brassac les Mines wird am Ende der Fahrt zu unserem schönsten Campingplatz gewählt – der Patron ist super nett, es gibt Sitzklos mit Klopapier, eine Gefriertruhe für kalte Getränke, einen Grill, jede Menge Schatten und eine große Wiese zum Ball spielen – dafür bekommt der Patron einen EKC-Wimpel geschenkt (obwohl wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass es der schönste Campingplatz bleibt).
Samstag, 22.7.2006: Lagertag in Brassac les Mines
Zuerst müssen die Folgen eines heftigen Gewitters in der Nacht beseitigt werden – unser Allierordner mit Reiseinformationen, Rezepten, Unterschriftenlisten und Belegen hat im Regen gelegen. Alle wichtigen Papiere werden mit Klammern an den Zeltleinen zum trocknen aufgehängt. Europa im Fußballfieber – mit den Kindern des Patrons wird den ganzen Tag Fußball gespielt. Marie erneuert Thilos Rastazöpfchen. Abends wird der Campingplatzeigene Grill angefeuert – mal wieder ein Grund zum Holz hacken. Kerstin beschwert sich, dass sie den Grillrost bisher vergeblich im Boot mitgeschleppt hat. Anschließend ne Runde „Werwolf“. Einige halten die Nacht über Lagerwache, weil in der vorherigen Nacht einige übermütige Dorfjugendliche die Zelte mit grünen Tomaten beworfen haben.
Sonntag, 23.7.2006: Brassac les Mines – km 216 (45 km)
Wir werden vom Patron mehrfach für seine homepage fotografiert und bei der Abfahrt als „groupe tres agerable“ verabschiedet. Ein Tag mit Pannen.
1. Panne: Jascha und Fynn kentern mit der gesamten Küche. Ihre Taschen sind nicht richtig verschlossen und alle Klamotten sind nass. Glück im Unglück, keine Verletzen und nur ein Paddel verloren.
2. Panne: im Flußführer werden nach 30 km mehrer wilde Zeltmöglichkeiten angegeben – nur ist weit und breit keine davon in Sicht und wir paddeln noch 15 km weiter bis zum nächsten Campingplatz.
3. Panne: der Campingplatz ist für unsere Boote nicht ereichbar, aber wir können auf der Gemeindewiese am Allierufer zelten – kostenlos.
Nach dem Lageraufbau kostet es schon etwas Mühe, die Mannnschaft aufzumuntern, aber: was wir heute paddeln, müssen wir nicht morgen paddeln. Ein Lagerfeuer muntert sofort auf und plötzlich sind alle wieder voller Energie, wenns ums Holz suchen geht.
Montag, 24.7.2006: Km 216 – Jose (29 km)
Die Pannenserie reißt nicht ab.
4. Panne: der angestrebte Campingplatz nach nur 15 km hat keinen Platz für uns – erstens weil wir eine Jugendgruppe sind, zweitens weil wir einen Hund dabei haben und drittens weil wir Deutsche sind. Der von Holländern bewirtschaftete Platz ist ausschließlich von Holländern belegt und auf unser freundliches „bon soir“ drehen sie nur den Kopf weg.
5. Panne: der im Flußführer ausgewiesene Campingplatz nach weiteren 14 km existiert nicht mehr.
Jetzt heißt es erstmal Lage peilen: gibts hier ne Einkaufsmöglichkeiten, Trinkwasser? Wenn ja, bleiben wir oder fahren wir weiter? Wir bleiben hier, weil es in der Nähe eine Quelle gibt, ein kleiner Laden die Zutaten für Käsespäzle hat, das Gras schön weich ist, Jascha und Fynn ihre Sachen auf meterlangen Leinen trocknen können, Platz für ein Lagerfeuer ist und überhaupt hier alles schöner ist als bei den Holländern 😉 Eigentlich wär morgen wieder ein Lagertag geplant, aber die Mehrheit möchte weiter fahren bis zu einem Campingplatz.
Dienstag, 25.7.2006: Jose – St. Yorre (33 km)
Ende der Pechsträhne. Nach 32 km landen wir an einem schönen, schattigen Campingplatz mit freundlichem Patron. Dany kocht zum ersten Mal in seinem Leben und entdeckt seine Liebe zum Zwiebel schneiden – das Essen schmeckt trotzdem. Abends „Werwolf“.
Mittwoch, 26.7.2006: Lagertag in St. Yorre
Eine gute Entscheidung, den Lagertag hier zu verbringen, aber es ist zu heiß für Alles. Trotzdem muss eingekauft werden. Mangels Auto wird ein Bootswagen unter ein Boot geschnallt und zum Einkaufswagen umfunktioniert. Auf dem Rückweg haben Bauarbeiter mit einem LKW Mitleid mit den Einkäufern und packen kurz entschlossen das Boot samt Einkäufern auf die Ladefläche und fahren es zum Campingplatz. Eine Angel im Supermarkt läßt das Herz unserer „Sammler und Jäger“ höher schlagen und weckt Urinstinkte – leider wären wir jämmerlich verhungert, wenn wir ausschließlich auf die Angelkünste unserer „Neanderthaler“ angewiesen gewesen wären. Außerdem nutzen wir die Gelegenheit für eine Lagerwäsche, da es hier eine Waschmaschine gibt. Ein Gewitter mit Sturmböen und heftigem Regen bringt Abkühlung und Leben ins Lager – in kürzester Zeit ist alles sturmfest aufgeräumt, die Sturmleinen an allen Zelten festgezurrt, die Regenklamotten rausgekramt, angezogen und sofort klatschnass und – das Gewitter ist vorbei! Abends „Werwolf“
Donnerstag, 27.7.2006: St. Yorre – Vichy (10 km)
Wir werden wieder vom Patron bei der Abfahrt für seine homepage fotografiert – auch hier haben wir uns von der besten Seite gezeigt, als „groupe tres sympa“. Die ist nicht immer leise, aber unsere Kinder wissen, wie man sich zu benehmen hat und lautes Lachen hat noch selten jemanden gestört – wie man ja immer wieder bestätigt bekommt. Ein Ausfall ist zu beklagen: Thilo fällt wegen Sonnenstich mit Kopfschmerzen und Fieber aus. Die 10 km bis zum nächsten Zeltplatz wird er von Dany gepaddelt, Ili stützt ihn auf dem Weg zum Boot, Michael opfert sein Handtuch um Thilo feucht zu halten, Kerstin duscht ihn kalt ab, Fynn baut allein das Zelt auf – bei dieser Fürsorge möchte jeder mal krank sein. Attraktion des Campingplatzes ist ein „Super Pool“ mit „megageiler“ Wasserrutsche – das bringt die dringend erfordlerliche Abkühlung. Eine weitere Abkühlung droht in Form bedrohlich schwarzer Wolken. Mal wieder ist das Lager blitzschnell aufgeräumt, sogar die Schwedenstühle werden zusammengesteckt und gestapelt, weil wir befürchten, dass uns alles um die Ohren fliegt. Da es bereits dunkel wird und wir schon gegesssen haben, verziehen sich alle in die Zelte – alle bis auf ein paar Unermüdliche, die Lagerwache halten.
Freitag, 28.7.2006: Lagertag in Vichy
Es ist leicht bewölkt – ideal für eine Stadtbesichtigung. Die Interessen liegen da wohl sehr weit auseinander und reichen von Kultur über shoppen bis zur Suche nach dem nächsten McDonalds. Jascha und Nils „bewachen“ derweil das Lager und kümmern sich um eine weitere Lagerwäsche. Am Campingplatz ist natürlich die Wasserrutsche der Renner und Fußball ist mal wieder angesagt. Der nächste Ausfall naht in Form eines „Fastzehabrisses“ an Ilis Fuß beim Barfußfußballspiel. Der wird medizinisch-fachmännisch versorgt von Dany (Träger), Jascha (Trost), Lukas (Kühlung) und Milan (Info an die Betreuer). Ein weiterer Ausfall droht bei Cassandra mit einem leichten Sonnenstich. Abends gemütliche „Betreuerbesprechung“ bei Live-Musik, Eis und Sudoku in einem nahegelegenen Cafe.
In Vichy sind wir mit der EKC-Jugend im Sommer 2000 zu einer Wanderfahrt bis Sully/ Loire gestartet. Von der damaligen Mannschaft sind Chris, Michael, Kerstin, Patric, Berit und ich wieder dabei.
Samstag, 29.7.2006: Vichy – Châtel de Neuvre (44 km)
Alle Ausfälle sind auskuriert, es kann weiter gehen. Unsere Abfahrt wird wieder bestaunt und unsere Gruppe bewundert (Zitat: sehr disziplinierte Gruppe), diesmal von sehr netten Holländern. Eine endlos scheinende Regattastrecke vorbei am Stadtgebiet von Vichy liegt vor uns, dann eine lange Umtragestelle und das direkt zu Beginn einer 44 km Tagesetappe in deren Verlauf wir mehrfach die Strömung vergeblich suchen. Am Abend erwartet uns ein ökologisch geführter Campingplatz – sehr nett, von einer deutschen Familie bewirtschaftet. Zur Krönung des Tages gibts von der Campingplatzfrittenbude Fritten – die Küche bleibt kalt, aber es kann sich auch keiner einen Spülstrich verdienen. Das nehmen alle gern in Kauf. Wiederholter Ausfall von Cassandra: die zieht sich eine klaffende Schnittwunde auf dem Fußrücken zu, weil ein Tippihäring im Weg war. Da hilft nur Klammerpflaster und Tape von Schwester Hildegard. Schade, schade Cassandra, das wird wohl eine Narbe werden. Abends ne Runde „Werwolf“ bei sternklarer Nacht und Grillengezirpe – wenns denn zu hören ist neben dem ermahnenden „Pst“ von Pascal, wenn die Werwofdiskussionen mal wieder zu laut werden.
Sonntag, 30.7.2006: Châtel de Neuvre – Moulins (21 km)
Entspannter Paddeltag, wir lassen uns treiben, paddeln uns gegenseitig, während der andere Zeit zum dösen oder maniküren hat. Der Regen kurz vor Moulins ist eher eine Erfrischung. Ein neuer Teilausfall: Kerstin hat Rückenschmerzen und Dany bietet sich an, mit ihr zu paddeln, damit sie sich mal ausruhen kann – Lohn dafür: Mentos!
Montag, 31.7.2006: Lagertag in Moulins
Der Zeltplatz ist eher mäßig, was der Stimmung nicht schadet. Wir bereiten die nächsten drei „wilden“ Tage fernab der Zivilisation ohne Einkaufsmöglichkeit vor. Chris backt testweise Bannok als Brotersatz, gemeinsam stellen wir eine Einkaufsliste zusammen und gehen mit dem Boot einkaufen. Allein schon die Menge an Wasserflaschen für 18 Leute und drei Tage sind bombastisch. Stadtbesichtigung von Moulins. Abends wollen wir grillen, aber da wir – wie schon erwähnt – nur einen Grillrost dabei haben, der nur überm Lagerfeuer benutz werden kann, müssen wir uns einmal mehr auf dem Campingplatz einen Grill schnorren, diesmal von netten Franzosen, bei denen wir uns mit einer Flasche Wein bedanken. Thilo wird von seinen Rastazöpfchen befreit. Neben „Werwolf“ etabliert sich „Doppelkopf“ und „Backgammon“, der Fußball bekommt durch ein Volleyballnetz Konkurenz.
Dienstag, 1.8.2006: Moulin – Villeneuve (20 km)
Kerstin packt den bisher unbenutzten Grillrost wieder ins Boot. Fynn, Dany und Lukas erstehen mit Hilfe von Chris in einem Messerladen drei heißbegehrte Fahrtenmesser, die sie am Tag vorher bereits im Schaufenster bewundert haben. Wir haben den ganzen Paddeltag Gegensturm und erschöpft landen wir am späten Nachmittag auf einer einsamen Halbinsel. Kaum stehen die Zelte, teil sich die Gruppe in drei Fraktionen – die erste (Patric, Pascal, Dany und Nils) schert aus zum Holz suchen und Holz hacken, damit die zweite (Ili, Thilo, Lukas und Michael) ihren Fang in Form von Fischen auf dem Lagerfeuer grillen kann. Die dritte Fraktion genießt einfach den Abend und kümmert sich ums Essen, da außer einer Dose Thunfisch nichts Fischähnliches an der Angel hängt. Kerstin freut sich, dass nach 15 Tagen der Grillrost zum ersten Mal zum Einsatz kommt. Der Kräuterquark zum Grillfleisch muss leider entsorgt werden, da die Einkäufer Salz mit Bicarbonat (vergleichnar mit Backpulver) verwechselt haben und der Quark anfängt zu schäumen. Lukas und Pascal haben auf dem letzten Zeltplatz einen Sack mit Ladegrät und Handy vergessen. Wie gut, dass selbst in der Wildnis mit dem Campingplatz in Moulins telefoniert werden kann und die Sachen dort bis zur Rückfahrt aufgehoben werden.
Mittwoch, 2.8.2006: Villeneuve – Apremont (30 km)
Paddeltag ohne Besonderheiten bis auf – Dany und Lukas degenerieren zu Neanderthalern, bauen sich Speere, finden beängstigende Fuß- und Schleifspuren, wähnen sich von Eingeborenen bedroht und spießen sich fast selbst gegenseitig auf. Erneuter Teilausfall: Milan hat einen steifen Hals und sitzt zur allgemeinen Belustigung schief im Boot. Wir finden tatsächlich die Insel von vor sechs Jahren. Sie ist heute jedoch eher eine Landzunge wegen des geringen Wasserstandes. Weit verstreut bauen wir unsere Zelte auf, allerdings müssen wir uns aus Treibholz Holzhäringe machen, da wir sonst bei dem sandigen Untergrund die Zelte nicht sicher aufbauen können. Lukas kann keine Nudeln mit Tomatensoße essen, ohne Marie damit zu bekleckern.
Donnerstag, 3.8.2006: Lagertag auf der Insel bei Apremont
Irgendwie löst das wilde zelten bei unseren Männern ein Urzeitgen aus: ein unbezwingbarer Drang läßt sie jedes Holz zersägen, zerhacken und verbrennen. Das Lagerfeuer brennt schon vor dem Frühstück, Nils hackt seit Stunden mit einem Beil auf einem Stück Holz herum, um sich einen Canadier zu bauen und sicherheitshalber werden noch diverse Stöcke geschnitzt, falls wir abends am Lagerfeuer Stockbrot und Marshmallows rösten sollten. Das Essen sollte man eigentlich nicht erwähnen. Es gab pürierte Beutelgemüsecremesuppe mit Würstchen. Das hatte Ähnlichkeit mit Hipp-Babybrei und paßt so garnicht in unser wild-romantisches Urzeitleben. Während die einen am Lagerfeuer räuchern, macht sich eine kleine Gruppe (Chris, Michael, Patric, Berit, Marie, Cassandra und ich) auf den Weg zum nahe gelegenen Schloß von Apremont – querfeldein über Stacheldrahtzäune und Wassergräben, das Schloß immer vor Augen. Leider ist das Schloß geschlossen, wir können nur die Pferdeställe und den Schloßpark besichtigen, bleibt das mittelalterliche Dorf und die wunderschöne Gartenanlage mit einem Farbenmeer von Blumen und zum Abschluß ein Eis. Die Neanderthaler (Dany und Lukas) lauern im Verborgenen und bewachen mit Speer und Messer bewaffnet das Lager.
Freitag, 4.8.2006: Apremont – Fourchambault (15 km)
Bis Fourchambault sind wir 296 km auf dem Allier und 7 km auf der Loire gepaddelt. Zum Ende der Wanderfahrt erwartet uns dann noch eine böse Überraschung: weit und breit keine günstige Aussatzstelle in Sicht. Wir müssen in den sauren Apfel beißen, die bepackten Boote mit geballter Muskelkraft eine steile Böschung hoch tragen, auf die Bootswagen hieven und über eine stark befahrene Loirebrücke ans andere Ufer zum letzten Campingplatz fahren. Um spätestens 17 Uhr müssen Chris, Michael und Patric am Bahnhof sein, um in Langeac die Autos abzuholen, also müssen wir uns beeilen. Kerstin packt zum letzten Mal den Grillrost aus dem Boot aus und freut sich, dass er wenigsten ein Mal benutzt worden ist. Ich baue zum ersten Mal unser Zelt auf, das hat Chris bisher immer gemacht. Das letzte Mal kochen: es gibt Königsberger Klopse und weil ich Angst habe, dass nicht alle satt werden, gibts Klopse zum Abwinken (81 Stück). Kerstin und Milan schälen 4 Beutel Kartoffeln im Schweiße ihres Angesichts und bemängeln, dass ihre Arbeit nicht richtig gewürdigt wird. Nils wird ans Ende vom Zeltplatz verbannt, weil er ohne Pause an seinem Canadier arbeitet. Eigentlich wollten wir auf die Autoahrer warten. Wir vertreiben uns die Zeit mit singen und lernen von überlangen Trinksprüchen. Aber Chris und Patric kommen erst um halb zwei und da schlafen wir schon alle.
Samstag, 5.8.2006: Fourchambault – Obermaubach
Michael hat in Moulins im Auto übernachtet, den dort liegengebliebenen Sack mit Handy und Ladegerät abgeholt und ist pünktlich zum Frühstück am Campingplatz. Nach dem Frühstück Lagerabbau. Abschlußfoto mit Zugfahrer (Berit, Milan und Nils) und ohne. Kerstin verstaut den Grillrost auf dem Bootshänger. Nils packt seinen Holzcanadier ein. Böse Überraschung: die restlichen Klopse (31 Stück) wollten wir mit nach Aachen nehmen, aber sie sind leider Opfer unzähliger Ameisen geworden und somit reif für den Müll. Milan und Kerstin protestieren, als ich die restlichen Kartoffeln (mindestens ein Beutel) wegschütte. Rückfahrt nach Aachen. Ankunft im Bootshaus in Obermaubach mitten in der Nacht. Übernachten im Bootshaus.
Sonntag, 6.8.2006: Obermaubach – Aachen
Boote, Gepäck und Ausrüstung packen am Bootshaus. Erste Berichte an die daheim gebliebenen und Abholen der Teilnehmer. Abends mit allen zum Abschluß ins Kino „Fluch der Karibik II“. Immerhin wurde unser neuester Canadier auf den Namen „Blackpearl“ getauft und ist ein echtes Piratenboot – außen schwarz, innen rot und mit Totenkopf!
Hildegard Schog Aachen, 5. September 2006